Nichtberücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste – Verstoß gegen EU-Recht?

Erzielt ein Inländer aus einer ausländischen Betriebsstätte Verluste, dann kann er diese negativen Einkünfte im Inland mit steuerpflichtigen positiven Einkünften nicht oder nur unter eingeschränkten Voraussetzungen ausgleichen: Entweder sind die betreffenden negativen Einkünfte ebenso wie positive ausländische Einkünfte aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen im Inland steuerfrei oder aber sie sind den Abzugsbeschränkungen des § 2a EStG unterworfen.

Es wird seit langem diskutiert, ob diese Ungleichbehandlung negativer inländischer und ausländischer Einkünfte in Einklang mit den gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverboten steht. Der I. Senat des BFH hat sich in seinen Beschlüssen vom 28.06.2006 I R 84/04 sowie vom 22.08.2006 I R 116/04 den Bedenken angeschlossen und deshalb den Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung angerufen.

Konkret geht es dabei zum einen um die negativen Einkünfte aus einer in Luxemburg unterhaltenen Betriebsstätte (I R 84/04), zum anderen um die negativen Einkünfte aus einer Betriebsstätte in den USA (I R 116/04). In beiden Fällen waren die Einkünfte aufgrund der einschlägigen DBA im Inland nicht in die Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer einzubeziehen. Nach Ansicht des BFH könnte dies gegen die gemeinschaftsrechtlich garantierte Niederlassungs- sowie die Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen. Der Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit erstrecke sich dabei nicht nur auf Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften, sondern grundsätzlich auch auf sog. Drittstaaten wie hier in dem einen der beiden Streitfälle die USA. Eine Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung zu inländischen negativen Einkünften sei nicht ohne weiteres ersichtlich.

(Auszug aus BFH-Pressemitteilung vom 18.10.2006)